Wir werden nicht fertig
Wir werden nicht fertig. Auch im neuen Jahr nicht. Gestalt und Farbe des Paradieses, das wir suchen, sind nicht so wichtig wie dieses, dass einer da ist, der den Durst nach Leben stillt. Dass einer da ist, wie und wo auch immer, der das Stoßgebet hört und das Scherflein verbucht, das die Witwe in den Tempel bringt. In dieser Heimatlosigkeit ist die Bibel unser großes Trostbuch. Sie kann trösten, weil sie die Angst kennt. Die biblischen Geschichten tragen unseren ganzen Gefühlshaushalt in sich. Kein Gefühl ist zu hoch, keines zu niedrig. Nichts Menschliches ist der Bibel fremd.
Auf diesen Boden fällt auch die tröstliche Zusage aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung. „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. (Offenbarung 21,6).
Mit diesem Trost gehen wir in das neue Jahr. Sie ist noch Zukunftsmusik. Gott wischt noch nicht alle Tränen von unseren Augen. Es gibt noch Tod und Leid und Geschrei und Schmerz. Aber das ist schon geschehen: Gott ist unter uns. Gott mit uns – Immanuel. Gott, Mensch geworden, lebt er in unseren Städten und Dörfern. Er lebt in der schicken Villa, im schlichten Haus. Er sitzt im Café und lächelt uns an der Ampel an. Er ist schon unter uns. Mensch unter Menschen, in unserer alten Welt. Wir aber bleiben auf dem Weg, auf dem Gott uns Fülle verheißen hat. Er wird uns speisen, er wird uns tränken. Er schenkt uns voll ein und hüllt uns in Güte und Barmherzigkeit. So lasst uns mutig gehen in das neue Jahr. Mit unserem Durst. Mit unseren Fragen. Unfertig wie wir sind. Er ist uns zur Seite und spricht: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“
Ein gesegnetes Jahr wünscht Ihnen Ihr Ralf Meister